Trends im Alltag umsetzen

Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Künstliche Intelligenz – die Umsetzung von Megatrends in den Alltag des Schlauchleitungshändlers zu übersetzen, war Ziel des Fachforums der VTH-Fachgruppe SAT, das im Rahmen des Jahrestreffens der Schlauchspezialisten Ende Oktober stattfand. Fast 60 Personen zählte die Liste der Teilnehmer, die sich im malerischen Würzburg trafen. Um die Hydrauliker und Pneumatiker stärker einzubinden, beschlossen die Mitglieder die Umbenennung der Fachgruppe „Schlauch- und Armaturentechnik“ in „Schlauch-, Armaturen- und Fluidtechnik“.

Die Stadt Würzburg ist vor allem für ihr malerisches Ambiente bekannt – eindrucksvoll beispielsweise über der Altstadt die Festung Marienberg, imposant die Alte Mainbrücke zu ihren Füßen und prunkvoll die Residenz. Es gibt unglaublich viel zu entdecken in der größten Stadt Unterfrankens. Obwohl die Innenstadt kurz vor dem Ende des 2. Weltkriegs 1945 innerhalb eines nur eine halbe Stunde währenden Bombenangriffs zu 80 % zerstört wurde, finden sich heute wieder zahllose, teils einzigartige Zeugnisse verschiedenster Kulturepochen (u.a. allein 60 Kirchen, womit Würzburg in Deutschland die Stadt mit den meisten Gotteshäusern ist). Ein Bild davon machen konnten sich auch die Mitglieder der VTH-Fachgruppe „Schlauch-, Armaturen- und Fluidtechnik“ (SAT), die am 22. und 23. Oktober 2024 ihr Jahrestreffen in Würzburg hatten. Ehe am Ende des ersten Tagungstags eine ausgedehnte Stadtführung auf dem Programm stand, mit anschließendem Abendessen im Backöfele (eine der ersten Adressen vor Ort in Sachen fränkischer Küche), informierten sich die Teilnehmer in einem Fachforum über technologische Trends und Entwicklungen in ihrem Fachgebiet.

Illegale Klauenkupplungen im Markt

Den Anfang machten Norbert Badstieber und Timo Faas von der Karasto Armaturenfabrik Oehler GmbH aus Back-nang, die durch den Markennamen Geka bekannt ist. Zunächst beleuchteten sie das Marktumfeld des Unterneh-mensklassikers, der „Geka plus“ Schnellkupplung. Ein Wettbewerbsvergleich mit fünf Klauenkupplungen ande-rer Hersteller ergab, dass drei Produkte wegen fehlender REACH-Konformität in der EU eigentlich nicht verkauft werden dürften. Alle Vergleichsprodukte wiesen laut Un-tersuchung geringere Leistungswerte als das Geka – Produkt auf. Zudem beinhalteten drei der getesteten Produkte krebserregende Stoffe. Diese seien allerdings auf einem zulässigen Niveau. Die Frage, ob es spezielle Produkte für den Technischen Handel gebe, beantwor-teten die Referenten mit einem klaren „Ja“. Je höher der technische Anspruch sei, beispielsweise bei besonderen Einbindungsformen wie mit der Schnellkupplung XK, des-to eher sei der Technische Handel für Geka Ansprechpartner in Beratung und Ausführung. In ihren weiteren Ausführungen befassten sich Badstieber und Faas auch mit Änderungen der Trinkwasserverordnung aus Armaturenperspektive. Sie berichteten, dass ab dem 1. März 2025 die Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trink-wasser (KTW-BWGL) vollumfänglich umgesetzt werden muss; die Übergangsempfehlungen sind dann ausgelaufen und nicht mehr gültig. Geka habe dementsprechend re-agiert, u.a. dadurch, dass bis zum Ablauf der Übergangsfrist alle betroffenen Produkte Dichtungen enthalten würden, die die Anforderungen der Bewertungsgrundlage vollständig erfüllen.

Markttrend Kunststoffschläuche: PVC verliert zugunsten von PUR

Christian Niedermeier von der Norres I Baggermann Gruppe aus Gelsenkirchen beleuchtete in seinen Ausführungen zunächst Markttrends bei PVC- und PUR-Schläuchen. Man beobachte derzeit , dass Produkte aus Polyurethan an Bedeutung gewinnen, hingegen PVC und Gummi als Materialbasis Marktanteile verlieren. Dafür seien Vorteile von PUR gegenüber PVC verantwortlich, wie deren bessere Leistung und Kosteneffizienz, das breitere Anwendungsspektrum sowie Pluspunkte in Sachen Nachhaltigkeit durch längere Standzeiten und einfachere Entsorgung, weil die Produkte chloridfrei sind. Das gelte für einige neue Schlauchtypen im eigenen Sortiment, die Niedermeier vorstellte. Abschließend warf er noch einen kurzen Blick auf das Vertriebskonzept der Norres I Baggermann Gruppe. „Key-Account Retailer“ würden den Handel stärken.

Druckluft bietet enormes Optimierungspotenzial

Energieeffizienz spielt im Bereich Druckluft eine wichtige Rolle. Leider findet das Thema bei den Anwendern immer noch zu wenig Beachtung. Mit einer Kampagne versucht der Druckluft-Spezialist Riegler und Co. KG aus Bad Urach dagegenzuhalten. Johannes Altmann berichtete in seinem Vortrag, dass man damit die Anwender im Umgang mit Druckluft sensibilisieren wolle. Zudem würden Unternehmen unterstützt, die eine Zertifizierung nach ISO 50001 anstreben. Bestehende Druckluft-Anlagen weisen häufig enorme Optimierungspotenziale auf. Dies kann zu erheblichen Kosteneinsparungen führen und gleichzeitig zum Ressourcen- und Klimaschutz beitragen. Allein in Deutschland verbrauchen 62.000 installierte Druckluftsysteme jedes Jahr 14 Mrd. kWh an elektrischer Energie. Mindestens 15 bis 20 % davon können leicht eingespart werden. Altmann erläuterte die verschiedenen Maßnahmen, die Anwender für eine effiziente Druckluftverteilung ergreifen können.

Nachhaltigkeit betrifft jeden

Auch Mirko Baldus von der Masterflex AG aus Gelsenkirchen rückte in seinem Vortrag das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus. Er berichtete, dass es unter den Kunden des Schlauchherstellers sehr große Unterschiede in der Wahrnehmung des Themas gebe. Häufig werde gesagt, dass sei doch alles nur Marketing. Solchen Aussagen muss man widersprechen, denn in Europa gilt der vor einigen Jahren beschlossene „Green Deal“, der besagt, dass wir im europäischen Wirtschaftsraum bis zum Jahr 2050 klimaneutral wirtschaften wollen. Das passiere leider nicht von selbst, so Baldus, weshalb der Wirtschaft daraus einige Aufgaben erwachsen, etwa eine entsprechende Berichtspflicht. Wer künftig bestimmte Richtlinien zur Klimaneutralität nicht einhalte, der werde voraussichtlich „bestraft“, wahrscheinlich mit entsprechenden Steuern. Auch beim Gewinnen von neuen jungen Mitarbeitern werden Unternehmen, die sich nicht erkennbar für Nachhaltigkeit einsetzen, Nachteile haben. Ebenso werden Investoren künftig einen genaueren Blick darauf werfen, weil davon auszugehen ist, dass der Return on Investment bei einer nachhaltigen Produktionsweise künftig größer sein wird als bei klassischem Wirtschaften. Das Gleiche gilt für Kreditvergaben durch Banken. Noch sind nachhaltig gefertigte Produkte oft teurer als konventionelle, aber auch an der Stelle werden, so Baldus, neue Steuern das Phänomen umkehren. Künftig benötigen Händler von ihren Lieferanten zu jedem Produkt einen digitalen Produktpass (DPP), der die Komponenten, Materialien, Inhaltsstoffe und gegebenenfalls chemische Substanzen oder auch Informationen zu Reparierbarkeit, Ersatzteilen oder fachgerechter Entsorgung zusammenfasst. In der Europäischen Union wird ab 2027 der DPP, aufbauend auf der europäischen Öko-Design-Verordnung, zu einem verpflichtenden Element für definierte Produktgruppen. Masterflex informiert schon heute mit dem System „Ampius“ darüber. Ab 2035 will das Unternehmen dort festhalten, dass die verwendeten Materialien ausschließlich aus einem Recyclingprozess entstanden sind.

„Intelligente Schlauchleitungen“: VTH-Fachgruppe SAT will Standards setzen

Dr. Thomas Gottschalk vom Haberkorn Deutschland Standort Recklinghausen berichtete von den Aktivitäten der Fachgruppen-Projektgruppe „Intelligente Schlauchleitungen“. Zunächst hielt er fest, dass eine Schlauchleitung gemäß der T002 gekennzeichnet sein muss. Manche Leitungen haben zwar ordnungsgemäße Kennzeichnungen, erleiden aber durch diese Schäden oder bergen Verletzungsgefahren in sich, was nicht im Sinne des Erfinders sein kann. Für Abhilfe kann eine „Intelligente Schlauchleitung“ sorgen. Aber idealerweise kann sie noch viel mehr, wie Dr. Gottschalk im Detail erläuterte. Er stellte die verschiedenen, derzeit am Markt verfügbaren Technologien vor und beschrieb die denkbaren Einsatzszenarien für Anwendungen bei Schlauchleitungen. Eine wichtige Rolle wird in dem Zusammenhang künftig auch Software spielen. Eine Lösung für die Aufgaben im Schlauchsektor ist die Dokumentationssoftware „docustry“. Sie verspricht Prozessdokumentation auf Knopfdruck, erstellt lückenlose Prüfberichte und soll so für Klarheit und Überblick im Betrieb sorgen. Das bedeutet mehr Effizienz mit weniger Ressourcen. Dr. Thomas Gottschalk ist überzeugt, dass das Thema „Intelligente Schlauchleitungen“ weiter vom Technischen Handel forciert werden sollte: „Wenn nicht wir, wer dann?“ Die „Intelligente Schlauchleitung“ sei zum Greifen nah. „Wir von der VTH-Fachgruppe SAT sollten den Standard setzen“, so Gottschalk. Es gibt inzwischen zahlreiche Faktoren, die dafürsprechen:

• Schlauchkennzeichnungen wurden deutlich verbessert,
• QR-Codes sind marktüblich geworden,
• NFC-Chips einschließlich verfügbarer Endgeräte sind etabliert,
• Cloudsysteme sind auf dem Vormarsch („warum keine Schlauchleitungscloud?“),
• Benutzerführung in der Software wird zukünftig KI-basiert,
• Schnittstellen zu ERP-Systemen und zu Kunden sind vorhanden sowie
• physikalische Parameter aus dem Prozess werden der Schlauchleitung zugewiesen.

Mitgliederversammlung beschließt Umbenennung

Am zweiten Tag des Treffens stand die turnusmäßige Mitgliederversammlung auf dem Plan. Der Vorsitzende Hartmut Schmitz (Hydraulik Schmitz, Siegen) zeigte sich erfreut über den bisherigen Verlauf der Veranstaltung. Dem pflichteten die übrigen Mitglieder bei und sahen bei den Themen des Fachforums wichtige Impulse für den Betriebsalltag.

Es folgten fünf Berichte aus den Arbeitskreisen, die in der Fachgruppe SAT, wie schon in den Jahren zuvor, dank deren intensiver Arbeit sehr umfangreich ausfielen. Rolf Effenberger (Rala, Ludwigshafen) konnte von meh-reren Weiterbildungsangeboten im Jahr 2024 berichten und kündigte auch für 2025 weitere Kurse und Lehrgän-ge an, die teilweise zum Zeitpunkt der Mitgliederver-sammlung schon ausgebucht waren. Geplant ist auch wieder der Besuch eines Lieferanten.

Hartmut Schmitz berichtete aus dem Arbeitskreis „Hydraulik-Schlauchleitungen“, dem aktuell 16 Mitgliedsfir-men angehören. Mustervorlagen, ein Online-Grundlagen-seminar „Hydraulik-Schlauchleitungen“, die Kooperation mit der Internationale Hydraulik Akademie (IHA) in Sachen Weiterbildung, die Registrierung „Zertifizierte Fachbetrie-be für Hydraulik-Schlauchleitungen“ und Prüfplaketten sind die Themen, mit denen sich die Hydraulikspezialisten innerhalb der Fachgruppe zuletzt befassten.

Teilweise ähnliche Themen beschäftigten auch den Arbeitskreis „Sicherer Einsatz von Chemie-, Dampf-, Le-bensmittel- und Pharma-Schlauchleitungen“, über dessen Aktivitäten Dr. Thomas Gottschalk und Rolf Effenberger berichteten. Weiter ganz oben auf der Wichtigkeitsskala steht das Beschränkungsverfahren für PFAS, das sich auf-grund der großen Anzahl an eingegangenen Kommentaren voraussichtlich bis 2026/2027 verzögern wird.

Der Arbeitskreis „Trends in der Industrieschlauchtechnik“ ermöglichte den Mitgliedern mit der Durchführung des 7. SAT-Konjunkturbarometers einen guten Marktüberblick. Patrick Pitsch (Castan, Freiberg am Neckar) zeigte Aus-schnitte aus den Ergebnissen. Im weiteren Verlauf seiner Ausführungen ging er noch auf Neufassungen der Be-darfsgegenstände- und der Trinkwasserverordnung ein.

Den Berichtspart aus dem Arbeitskreis „Öffentlichkeitsar-beit“ übernahm VTH-Geschäftsführerin Nadine Lorenz, die in der VTH-Geschäftsstelle die Anliegen der Fachgruppe SAT betreut.

Zum Abschluss ihrer Tagung gaben die Mitglieder ihrer Fachgruppe noch einen neuen Namen: Künftig heißt sie „Schlauch-, Armaturen- und Fluidtechnik“. Damit sollen die Mitglieder aus den Bereichen Hydraulik und Pneumatik stärker einbezogen werden – das Kürzel bleibt SAT.